Warum dieses Blog?
Videoüberwachung am Arbeitsplatz, Rasterfahndung zur Korruptionsbekämpfung, das Ausforschen von sozialen Netzwerken
– wie viel Überwachung und Kontrolle ist am Arbeitsplatz erlaubt?
2008 war das Jahr der Datenskandale. LIDL filmte heimlich das Kassenpersonal und setzte Detekteien auf einzelne MitarbeiterInnen an. Die Deutsche Bahn flog damit auf, gleich die Kontodaten der gesamten Belegschaft heimlich mit Kontodaten von Lieferanten abgeglichen zu haben, einzelne E-Mails von Gewerkschaftsmitgliedern erreichten nie ihr Ziel.
Die Deutsche Bank durchleutete ihre Beschäftigten, weil sie Informanten der Presse ausfindig machen wollte. Bei der Telekom kam es ebenfalls zu internen Ermittlungen gegen MitarbeiterInnen, bei denen deren Kontakte und auch die Kommunikationsdaten von bekannten JournalistInnen ausgewertet wurden.
Darauf reagierte der Gesetzgeber mit großer Hast. Die 2009 von der Großen Koalition geschaffene Mini-Regelung des § 32 Bundesdatenschutzgesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz allerdings gilt allgemein als Fehlschlag, weil er lediglich zusätzliche Probleme aufwarf, anstatt die bestehenden zu lösen.
Die Notwendigkeit der Einführung von bereichsspezifischen Bestimmungen zum Beschäftigtendatenschutz wird schon lange diskutiert. Deshalb ist die nun erkennbare Bereitschaft des Bundesinnenministeriums, sich diesem Themenfeld zuzuwenden, grundsätzlich zu begrüßen. Auch die im Koalitionsvertrag angekündigte Zielsetzung eines verbesserten Schutzes von Beschäftigten, insbesondere des Schutzes vor Bespitzelungen, ist positiv zu bewerten. Die Beschäftigten brauchen jedoch keine Leerformen, sondern konkrete Verbesserungen.
Wir Bündnisgrünen sehen in dem vorgelegten Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums keine wesentlichen Verbesserungen gegenüber der geltenden Praxis. So verkennt er die gestiegenen Risiken der Informationstechnologie für die Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen und bietet ihnen somit eben keinen höheren Schutz vor Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz.
Aus diesem Grund haben wir beschlossen, einen eigenen Gesetzentwurf zu erarbeiten und vorzulegen, der Lösungen für die aus unserer Sicht drängendsten Probleme des Beschäftigtendatenschutzes bereithält.
Meine Kollegin Beate Müller-Gemmeke und ich laden Sie und Euch herzlich dazu ein, in unserem gemeinsam eingerichteten Blog www.beschaeftigten-datenschutz.de an unserem Gesetzentwurf für Beschäftigtendatenschutz mitzuarbeiten und freuen uns über Kommentare, Kritik und Anregungen!
Herzliche Grüße
Konstantin von Notz & Beate Müller-Gemmeke
Sprecher für Innenpolitik Sprecherin für Arbeitnehmer-Rechte
2 Responses to 'Warum dieses Blog?'
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Schöne Initiative, das Gesetz online diskutieren zu lassen. Aber vielleicht noch zu umständlich. Daher könnte es beim nächsten Mal den Versuch wert sein, das per Wiki zu machen. Gute Erfahrungen damit gibt es nicht nur bei NGOs sondern auch in der Wirtschaft (siehe z. B.
http://www.brandeins.de/archiv/artikel/die-glaeserne-firma.html ). Warum nicht auch in der Politik?
joe
11 Dez 10 at 00:15
Hallo Joe,
vielen Dank für das Lob. Wir haben viele positive Rückmeldungen, nicht nur hier in den Kommentaren bekommen.
Bei der Wahl der Werkzeuge müssen wir beachten, dass wir nicht nur Menschen die Mitarbeit ermöglichen möchten, die die Software bedienen können, und haben daher eine möglichst niedrigschwellige und einfach zu bedienende Beteiligungsmöglichkeit gewählt. Wir haben leider noch kein Wiki entdeckt, das so selbsterklärend ist wie eine Blog-Kommentarfunktion. Für Tipps sind wir aber auch hier dankbar.
Beste Grüße
Sandra
Redaktion
22 Dez 10 at 12:54